Offener Brief an den Oberbürgermeister Jürgen Krogmann bezüglich der Corona-Krise
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Krogmann,
Sie haben den Rat zu den finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen im Finanzausschuss informiert. Auch die NWZ berichtete inzwischen, dass alleine € 20 Millionen Einbuße bei der wichtigen Gewerbesteuer für das Jahr 2020 zu erwarten sind. Es ist unstrittig – auch das deuteten Sie in der letzten Ratssitzung bereits an – dass die Verluste für den städtischen Haushalt aller Voraussicht nach noch höher sein werden und dass diese Entwicklung ein kluges Handeln zur Stärkung der Wirtschaft und des Standortes Oldenburg erfordert.
Gleichzeitig ringen viele Oldenburger Unternehmen um die Weiterführung Ihrer Betriebe. Es ist zu befürchten, dass etliche Betriebe nach momentaner Einschätzung nicht überleben werden. Hierdurch werden Arbeitsplätze verlorengehen, weitere Kosten durch die Grundsicherung auf die Stadt zukommen. Im Ausschuss wurde berichtet, dass über 550 Anträge auf Stundung der Gewerbesteuer eingegangen sind. Das unterstreicht die prekäre Lage zahlreicher Unternehmen. Der Leerstand von Gewerbeimmobilien in der gesamten Stadt und im innerstädtischen Bereich wird vermutlich steigen. Die Attraktivität der herausragenden Innenstadt droht Schaden zu nehmen. Diesem unschönen Szenario ist entschieden entgegenzuwirken. Die Planungen sollten bereits jetzt erfolgen, damit die Stadt Oldenburg für diverse Szenarien vorbereitet ist.
Mittlerweile gibt es zahlreiche renommierte Fachärzte und Studien weltweit hochangesehener Universitäten und Institute, die von einer deutlich höheren Grundimmunität der Bevölkerung ausgehen und
einer deutlich geringeren Sterblichkeit als vom RKI beziffert. Zudem gibt es wöchentlich sich deutlich widersprechende Aussagen der Regierung wie auch von den beratenden Fachleuten. Ein Beispiel
ist die Notwendigkeit und der Nutzen von Einweg-Atemmasken. Am Anfang der Krise wurden diese als nutzlos für die private Nutzung und sogar als eher schädlich deklariert. Nun sollen Masken
verpflichtend für alle Bürger große Gewinne im Kampf gegen den Virus bringen. Ebenso die Diskussion um eine Impfpflicht hat die Bürger massiv verunsichert. Dass im Angesicht dieser Zahlen und
dieser Widersprüchlichkeiten viele Bürgerinnen und Bürger mit Unverständnis über die überlange Dauer der getroffenen Maßnahmen reagieren, ist sehr verständlich. Gleichwohl möchten wir hier die
Pandemie nicht vordergründig behandeln, sondern die zu erwartenden oder drohenden Folgeerscheinungen und konkrete Maßnahmen dagegen sollen das Thema sein.
Die ersten Lockerungen und Geschäftsöffnungen haben unter strengen Auflagen stattgefunden, die Gastronomie wird weiterhin stark eingeschränkt folgen. Ganze Wirtschaftszweige liegen indes weiter darnieder. Reisebüros, große Warenhäuser und Dienstleistungsunternehmen können ihrer unternehmerischen Tätigkeit nicht oder nur stark eingeschränkt nachgehen. Vergessen möchten wir an dieser Stelle auch nicht die Schausteller, die voraussichtlich einen Komplettausfall Ihrer Einnahmen zu verzeichnen haben. Auch ein „Jahrmarkt to go“ wird wenig helfen. Detailfragen der AfD-Ratsfraktion zu geplanten Maßnahmen der Stadt wurden leider bis heute weder schriftlich noch im Ausschuss beantwortet.
Der AfD-Kreisverband hat in Zusammenarbeit mit der AfD-Ratsfraktion ein Bündel an Maßnahmen und Vorschlägen zur Wiederherstellung und Belebung der Oldenburger Wirtschaft mit einem Schwerpunkt auf
der Innenstadt erstellt. Der AfD geht es um unsere Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger sowie die heimische Wirtschaft. Wir würden es daher sehr begrüßen, wenn unsere Vorschläge ergebnisoffen
diskutiert werden. Ein Warten auf ungewisse Konjukturprogramme, die Sie gestern im Ausschuss ansprachen, ist nicht das, was die Wirtschaft jetzt benötigt, sondern ein entschlossenes Handeln und
eigene Ideen.
Konkret schlagen Kreisvorstand und Ratsfraktion daher folgende
Maßnahmen der Stadt Oldenburg
vor:
1. Die Stadt Oldenburg sollte zur Sondierung der wirtschaftlichen Gesamtschau zeitnah einen „runden Tisch“ mit allen Werbegemeinschaften der Stadt Oldenburg einberufen. Dieser kann auch virtuell
stattfinden. Hierbei sollten Mitglieder der einzelnen Fraktionen des Stadtrates zugegen sein. Die Werbegemeinschaften mögen darüber berichten, wie sich die Lage in den einzelnen Gemeinschaften
abbildet, welche Hilfen sich die Kaufleute vorstellen und was die Stadt Oldenburg zum Gelingen beitragen könnte (Rahmenbedingungen etc.). Hierbei sollte es auch keine Denkverbote geben.
2. Zur Wiederbelebung der Unternehmen sollte eine zeitweise Aussetzung der Gewerbesteuer (Hebesatz) ins Auge gefasst werden. Es fehlen zahlreichen Unternehmen die umsatzstärksten Monate. So sollte der Rest des Jahres nicht sofort mit Steuern auch noch verringert werden, da sonst die Insolvenzen nur weiter vorangetrieben werden. Eine Stundung allein verschiebt nur die Zahlungspflicht.
3. Die Attraktivität der Innenstadt ist schnellstmöglich auf den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Denkbare Maßnahmen und Aktionen:
- Sämtliche Kulturaktivitäten, explizit genannt auch die Jugendtheaterstücke, sollten kurzfristig unter Sicherheitsauflagen wieder stattfinden können.
- Zusätzliche verkaufsoffene Sonntage bzw. Samstage mit verlängerten Öffnungszeiten.
- Thementage in der Innenstadt, in denen vor allem Kleinkünstler ihre Leistungen darbieten können zur Stärkung der Kulturaktivitäten.
- Schaffung eines „Solidaritätstalers“ für die Betriebe in Oldenburg gegen Zahlung von z.B. 1 Euro. Dieser kann von den Besuchern der Stadt erworben werden und kann z.B. für notleidende Betriebe
Verwendung finden, ähnlich dem Ofenerdieker Thomas-Taler. Weitere Hilfsmöglichkeiten sind denkbar.
4. Hilfe für die Schaustellerfamilien aus Oldenburg bzw. der näheren Umgebung anbieten. Dabei wäre zu überlegen, ein Kontingent an Stellplätzen in der Innenstadt für Stände bzw. Verkaufswagen der
Schausteller anzubieten. Das Angebot könnte vorwiegend aus den Bereichen Süßwaren und Essen bestehen (Fisch, Grill, Crèpes etc.). Es lassen sich gewiss Möglichkeiten finden, solches auch unter
Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu ermöglichen.
Die AfD rechnet mit baldigen weiteren Lockerungen auf Bundes- und Landesebene. Auf dieser Basis werden weitere Optionen möglich, die dann zeitnah vorzubereiten wären:
1. kleinere Themen-Straßenfeste mit Einlasskontrollen bzw. begrenzter und kontrollierter Besucheranzahl als Ausgleich für das Stadtfest, wenn dieses nicht stattfinden kann. Natürlich im Einklang mit den dann geltenden Mindestvorsorge- und Schutzmaßnahmen.
2. Die Krise trifft auch unsere Partnerstädte. Die Partnerstädte können sich gegenseitig bei der Überwindung der Krise unterstützen. Die Stadt Oldenburg möge sich dazu mit unseren Partnerstädten – insbesondere der Stadt Groningen (Niederlande) – wieder intensiver austauschen. Interessant wären ggf. gemeinsame Projekte zur Belebung der Wirtschaftsräume oder zu einer verstärkten Animation der Bürger zum Besuch der jeweiligen Partnerstadt. Hier könnten beide Städte erheblich profitieren.
Eine weitere wichtige Maßnahme sollten auch Einsparungen im Oldenburger Haushalt sein. Leider hat die Stadt in den letzten Jahren nur wenig Schulden getilgt, so dass trotz finanziell sehr guter Jahre immer noch eine enorme Verschuldung besteht. Um die Stadt Oldenburg jetzt nicht unnötig in eine schwindelerregende Neuverschuldung zu treiben, sollten die Verwaltung und auch die Parteien Investitionen und – vor allem größere – Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Dabei geht es nicht um kopflose Panikreaktionen und Aktionismus, sondern um eine gewissenhafte Haushaltsführung und um unsere Verantwortung gegenüber der jungen Generation.
Der AfD-Kreisverband schlägt in Verbindung mit der AfD-Fraktion im Rat der Stadt Oldenburg eine Zurückstellung folgender Großinvestitionen vor:
- Neubau des Stadtmuseums
- Umbau des Flötenteich-Schwimmbades
sowie einen Stopp der Ausgaben aus dem Klimafonds, die Einstellung der entsprechenden Programme und Rückführung des (restlichen) Betrages in den allgemeinen Haushalt. Diese Liste ist
selbstverständlich nicht abschließend und möge nur einen Ausschnitt der Möglichkeiten darstellen.
Wir halten hier ein schnelles und umsichtiges Handeln für dringend geboten. Ebenso halten wir ein deutliches Eintreten der Stadt Oldenburg insbesondere gegenüber der Landesregierung für eine möglichst umfassende Lockerungsperspektive sämtlicher Beschränkungen für dringend geboten.
Mit Ihrer Aussage im Rat „Erst kommen die Menschen, dann die Wirtschaft“ haben Sie, lieber Herr Krogmann, selbstverständlich Recht. Allerdings ist dabei – zumindest jetzt nach über sechs Wochen Lockdown mit bereits erheblichen wirtschaftlichen Schäden – zu bedenken, dass diese Schädigung der Wirtschaft eben auch Menschen schadet – durch Arbeitslosigkeiten, Konkurse, Kurzarbeit, Umsatz- und Gewinnrückgängen u.v.m. Die Bundesagentur für Arbeit hat für April einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit gemeldet sowie eine deutliche Zunahme der Kurzarbeiter. Eine weitere Fortsetzung der sehr weitreichenden und die grundgesetzlichen Freiheitsrechte beschränkenden Maßnahmen kann daher nicht mehr als verhältnismäßig betrachtet werden.
Gerne stehen wir für Rückfragen und eine weitere Diskussion zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Paul
Sprecher des AfD-Kreisverbandes der Stadt Oldenburg
07.05.2020